Jahresbericht 2020

Deutsches Jugendherbergswerk
Landesverband Westfalen-Lippe gGmbH
Landesverband Westfalen-Lippe e.V.

 

Vorwort


Wir blicken auf ein extremes Jahr zurück. Innerhalb kürzester Zeit stellt das Coronavirus auch unsere Jugendherbergs-Welt auf den Kopf – und macht bis dahin unvorstellbare Maßnahmen erforderlich. „Die 29 Jugendherbergen in Westfalen-Lippe werden ab heute auf Anordnung des NRW-Gesundheitsministeriums zunächst bis zum 19. April 2020 geschlossen“, heißt es in der Pressemitteilung unseres Landesverbandes vom 17. März 2020.

Es ist der Beginn der größten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg. Im 111. Jahr unseres Bestehens schaltet unser gemeinnütziges Unternehmen innerhalb weniger Tage vom Erfolgs- in den Krisenmodus.

Die erste große Stornowelle folgt. Bereits im März verlieren wir mehrere zehntausend Übernachtungen, nachdem erste Bundesländer Klassenfahrten verbieten. Neubuchungen bleiben fast vollständig aus. Schul- und Kitaschließungen, Abstand halten, Kontakte reduzieren: Das Leben, wie wir es kennen, legt eine Pause ein. Die Menschen sorgen sich. Um ihre Gesundheit, um ihre Jobs.

Wir setzen alles daran, unsere Arbeitsplätze und Jugendherbergen zu erhalten.

Mit dem ersten Lockdown sinken unseren Einnahmen quasi über Nacht auf null. Ein strikter Ausgaben- und Investitionsstopp ist unsere Antwort darauf. Auch unsere Mitarbeiter*innen leisten einen enormen Beitrag, um durch die Krise zu kommen. Im April und Mai gehen alle 377 Beschäftigte unseres Landesverbandes in Kurzarbeit.

Wir versuchen, neue Wege zu finden – und zu gehen. Jugendherbergen als Impfzentrum? Als Quarantänestation? Oder als Unterkunft für Geflüchtete? Wir bieten unsere Herbergen aktiv für Sondernutzungen an. Dies ist uns an vier Standorten gelungen – eine der Erfolgsgeschichten in der Pandemie.

Im Sommer 2020 schauen wir vorsichtig optimistisch in die Zukunft. Wir haben erste Beilhilfen erhalten, 16 Jugendherbergen gehen Ende Mai wieder an den Start, Familien machen Urlaub in unseren Jugendherbergen. Ein Stück Normalität kehrt zurück. Die Pandemie legt eine Pause ein.

Doch Klassenfahrten und Gruppenreisen fallen weiterhin fast vollständig aus. Der Blick auf die Bilanz 2020 verdeutlicht das Ausmaß: Der Übernachtungs-Rückgang bei den Schulfahrten liegt bei mehr als 80 Prozent, bei Freizeitgruppen sind es knapp 74 Prozent. Die Hoffnung, nach den Sommerferien weitere Herbergen zu öffnen, erfüllt sich nicht. Stattdessen müssen neun Jugendherbergen für den Rest des Jahres pausieren, drei Standorte können nur temporär öffnen.

Es ist ein Auf und Ab. Schließungen, Wiedereröffnungen, erneute Schließungen. Mit dem November-Lockdown gehen wieder alle Standorte vom Netz. Nur in Dortmund übernachten noch Gäste – berufliche Übernachtungen sind erlaubt, touristische nicht.

Im Herbst und Winter dominiert also die Pandemie wieder das Leben. Wir geben unseren Optimismus trotzdem nicht auf. Zum Jahresende 2020 blicken wir auch mit Stolz auf das Krisenjahr zurück. Denn wir haben viel geschafft.

22 Corona-Schutzverordnungen in Windeseile umgesetzt, corona-konforme Klassenfahrten aufgebaut, Hygienekonzepte entwickelt, eine Mitgliederversammlung ohne Präsenzveranstaltung abgehalten, von heute auf morgen unsere Kommunikation digitalisiert, um nur einige Beispiele zu nennen. Und vor allem: Unsere Standorte konnten bislang erhalten und alle Mitarbeiter*innen an Bord gehalten werden. Den Herausforderungen des Krisenjahres 2020 sind unsere Mitarbeiter*innen trotz Kurzarbeit mit enormer Flexibilität, Offenheit, kreativen Lösungen und Teamgeist begegnet. Das alles ist nicht selbstverständlich. Dafür möchten wir uns auch an dieser Stelle nochmal ganz herzlich bedanken!

Nach einem schwierigen Jahr 2020 folgt leider ein noch schwierigeres erstes Halbjahr 2021. Unsere Jugendherbergen bleiben geschlossen. Klassenfahrten sind erst bis Ostern, schließlich bis zu den Sommerferien in Nordrhein-Westfalen verboten. Erst Ende Mai kommt der „Restart“. In drei Öffnungsrunden gehen wir Schritt für Schritt wieder Richtung Normalität. Nach teilweise bis zu 17-monatiger Schließzeit wollen wir zu Beginn des neuen Schuljahres 2021 alle verfügbaren 28 Herbergen wiedereröffnen.

Die Vorzeichen für ein besseres zweites Halbjahr 2021 stehen gut. Die Buchungslage verbessert sich stetig, nach den Sommerferien sind Klassenfahrten auch für NRW-Schulen - zu noch unbekannten Rahmenbedingungen- wieder erlaubt. Kinder- und Jugendgruppen verbringen Ferienfreizeiten in unseren Jugendherbergen. Und wir freuen uns sehr, dass wir als Träger der Jugendhilfe mit unseren ganzheitlichen pädagogischen Programmen und Klassenfahrten helfen können, die Folgen von Corona in der Gesellschaft abzumildern – vor allem bei Kindern und Jugendlichen. Unsere Jugendherbergen sind Orte, die soziales, schulisches und außerschulisches Lernen ermöglichen. Dies zeigt auch das Projekt „Extra-Zeit“, mit dem wir als Partner des NRW-Schul- und Bildungsministeriums in den Sommerferien 2021 für Kinder und Jugendliche kostenlose Freizeit-Wochenenden anbieten.

Urlaubsreisen, Fußball-Europameisterschaft, Biergarten: Wieder, wie ein Jahr zuvor, normalisiert sich in diesem Sommer unser Leben. Die Inzidenzen sinken, die Zahl der Geimpften steigt. Was der Herbst bringt, wissen wir nicht.

Wir hoffen aber sehr, dass die Pandemie trotz Delta-Variante diesmal nicht nur eine Pause macht und wünschen Ihnen, liebe Mitarbeiter, Mitglieder, Gäste, Geschäftspartner, Freunde und Förderer der Jugendherbergen in Westfalen-Lippe auch persönlich alles Gute. Wir danken Ihnen herzlich für Ihre Unterstützung, Ihre Solidarität und Ihr Vertrauen! 

 

Guido Varney
Vorsitzender
Landesverband Westfalen-Lippe e. V.

Guido Kaltenbach
Geschäftsführer
Landesverband Westfalen-Lippe gGmbH